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Vor 75 Jahren - Das Jahr der "Machtergreifung" in Aachen
Anläßlich der 75. Wiederkehr der „Machergreifung“ durch Adolf Hitler und der NSDAP berichten die Medien in diesen Wochen breit über die Ereignisse Anfang 1933, über deren Voraussetzungen und über deren entsetzlichen Folgen. Während Hitler im Reich der Form nach noch in Übereinstimmung mit der Weimarer Reichsverfassung zum Reichskanzler bestellt wurde, usurpierten die Aachener Nationalsozialisten, die bei den Wahlen in Aachen deutlich unter dem Reichsdurchschnitt lagen und daher über keinerlei demokratische Legitimation verfügten, tatsächlich die Macht. Obwohl der Wahlkampf bereits von massiver Propaganda und Einschüchterung gekennzeichnet war, hattten sie bei den Wahlen vom 12.3.1933 von den 54 Sitzen im Aachener Stadtrat nur 17 Mandate errungen.
Das Exemplar des „Echo der Gegenwart“ vom Montag, den 13.3.1933, von dem uns das Internationale Zeitungsmuseum Aachen einen Scan zur Verfügung gestellt hat (Signatur IZM. D-170_108), enthält alle Wahlergebisse in Stadt und Region Aachen:
Echo der Gegenwart1933
Der Stadtrat konnte 1933 von vorne herein nicht mehr ordnungsgemäß zusammentreten und entsprechend den Mehrheitsverhältnissen Beschlüsse fassen.
Entwicklung nach den Wahlen 1933
Schon zur ersten Sitzung am 29.3.1933 durften die gewählten Vertreter der KPD nicht erscheinen. Den SPD – Stadtverordneten Kappertz hat man am 28.3.1933 dazu „überreden“ können, „freiwillig“ auf sein Mandat zu verzichten. Einziger Tagesordnungspunkt der öffentlichen Sitzung war auf Antrag der NSDAP die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Hitler. Aufmarschierte SA auf dem Markt und im Sitzungsaal erzeugten ein Gefühl der massiven Einschüchterung. Oberbürgermeister Rombach wollte auf Bitten aus der Zentrumsfraktion offene Konfrontationen vermeiden. In Absprache mit allen Fraktionen hielt er selbst die Laudatio auf den neuen Reichskanzler, die aus heutiger Sicht eine peinliche Gratwanderung zwischen einer vergeblichen Anbiederung an die NSDAP und eine Beschwörung, sich an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten, war. Sie bewahrte ihn nicht davor, schon im Juli durch den zunächst kommissarisch eingesetzten „alten Kämpfer“ Quirin Jansen abgelöst zu werden. Bei der Abstimmung vom 29. 3. 1933 über den Antrag der NSDAP rief Rombach nur die Ja-Stimmen auf und stellte ohne Gegenprobe fest, daß dies die Mehrheit sei. Den Gegnern Hitlers blieb damit die Mutprobe erspart, durch eine Ablehnung des Antrages Haßreaktionen der SA auszulösen. Bald wurden auch das Vermögen der SPD beschlagnahmt, sie selbst verboten und die Mandate der Linksparteien eingezogen. Die Ratssitze wurden auf 44 reduziert. Von den durch Parteiverbot „frei gewordenen“ Mandaten erhielt die Fraktion der NSDAP zusätzlich 4 Sitze zugeteilt. Bei der Ratssitzung am 15.8.1933 waren nur noch 26 von den in freier Wahl gewählten 54 Stadtverordneten verblieben. Die meisten der verbliebenen und inzwischen „umgefallenen“ Stadtverordneten mußten noch darauf warten, in die Partei aufgenommen zu werden. Die NSDAP hatte nämlich wegen des ungeheuren Massenansturms einen Aufnahmestop verfügt. Den meisten Aufnahmeanträgen der „Märzgefallenen“ wurde aber wenige Monate später unter Rückdatierung auf den 1.5.1933 stattgegeben. Nach dem zum 1.1. 1934 in Kraft tretenden Gemeindeverfassungsgesetz war der Stadtrat nur noch Beratungsorgan für Beschlüsse des Oberbürgermeisters ohne jegliche Entscheidungskompetenz. Die Sitzzahl wurde auf maximal 30 festgelegt, die zukünftig nicht mehr durch demokratische Wahlen errungen, sondern auf Vorschlag des Gauleiters durch Ernennung vergeben werden sollten. Der oberste örtliche Leiter der NSDAP und der Führer der SA waren geborene Ratsmitglieder. Diese Vorgänge und die Namen der jeweiligen Stadtverordneten sind auf Bl. 12 bis 14 des Verwaltungsberichtes der Stadt Aachen für das Jahr 1913 festgehalten:
Rückblickend rühmt sich Nazioberbürgermeister Quirin Jansen nach dem ersten Jahr der nationalsozialistischer Umgestaltung der Stadt Aachen im Verwaltungsbericht für das Jahr 1933 der ungeheuren Tragweite all dieser Maßnahmen. Die Beamtenschaft sei endlich von gesinnungsfremden Elementen gereinigt. In ganz Deutschland gebe es kein Gebiet des öffentlichen und privaten Lebens mehr, das nicht vom Nationalsozialismus beeinflusst würde.
Verwaltungsbericht 1933
Klarer kann man die Demokratiefeindlichkeit der NSDAP und die verfassungswidrige Gleichschaltung der altehrwürdigen Stadt nicht formulieren.
Es widerstrebt uns, Links zu Seiten zu schalten, die kein klares Verhältnis zur Zeit des Nationalsozialismus haben. Daher empfehlen wir Ihnen nur die Eingabe der Suchworte „Arthur Kampf“ und „thirdreichruins“. Sie werden dabei auch ein Bild dieses in Aachen geborenen renommierten Künstlers finden, der sich auf seine alten Tage noch vor den Karren der Nazis hat spannen lassen.