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Kreuze - Kennzeichen einer traditionell katholischen Landschaft
Wegekreuze und Kapellen sind kaum weg zu denkende Elemente der Kulturlandschaft einer vorwiegend katholischen Region. Sie gehören zur Landschaft dazu und geben manchmal Anlaß zur Benennung von Feldfluren, Straßen oder gar von Bushaltestellen. Wir finden sie z.B. an Wegekreuzungen, unter Bäumen, auf dem höchsten Punkt einer Wiesenlandschaft und manchmal auch einfach am Rande eines Ackers oder eines Waldstückes. Immer sind sie sowohl ein Ort von Andacht wie eine Verschönerung des Ortsbildes.
Die Geschichte der meisten Kreuze liegt im Dunklen. Immerhin weiß man von manchen Kreuzen, dass sie zur Erinnerung an besondere Geschehnisse wie Unfälle oder Morde, aufgestellt worden sind – aber auch zum Dank für eine gute Ernte oder dafür, dass einmal eine gefährliche Epidemie ein Dorf verschont hatte.
Viele Kreuze sind als Station für traditionelle Prozessionen errichtet worden. Sie wurden von den Gläubigen der Nachbarschaft liebevoll gepflegt und unterhalten. Schon lange vor den Festtagen werkelte man ihnen herum und verpaßte ihnen einen neuen Anstrich. An den Festtagen selbst wurden sie in den liturgischen Farben mit Bändern, frischem Grün und Blumen geschmückt.
Die prominenteste Stelle nimmt wohl das vom Bürgermeistereidiener Johannes Janssen gestiftete Kreuz am Granusturm ein. Das barocke Kreuz mußte inzwischen allerdings gegen ein jüngeres Kreuz ausgetauscht werden.
Das skurrilste Kreuz ist wohl das Kreuz in der Wirichsbongardstraße, nach dem die platzartige Aufweitung vor der Borngasse von der Oecher Volksstimme „Henger Herrjotts Fott“ umbenannt worden ist.
In früheren unsicheren Jahrhunderten stellte man Kreuze häufig an Waldrändern oder an Wegekreuzungen auf. Der gläubige Reisende hielt hier an, um Schutz und Hilfe für seinen gefährlichen Weg zu erbitten. Erreichte man nach langer Reise oder Durchqueren eines großen Waldes wieder ein Kreuz läßt der Reisende sich zu einem erleichterten Dankgebet nieder.
„Sebastianus-Kruys 1442“ am Rande des Atscher Waldes, Ausschnitt aus der Karte von Cornelis Janson Fries „Stat und Reich Ach“ (1569)
Mit den alten Häusern sind auch deren Hauszeichen längst verloren gegangen. Ein Beispiel beschreibt Eberhard Quadflieg: „Es folgt dann Nummer 12 das Haus „Zum Goldenen Kreuz“, das 1662 dem Johann Schorn zu Eigen war, der eine Hypothek darauf in diesem Jahr ablöste. Später ist es im Besitz der Familie Neyssen. Gertrud Neyssen, Vorsteherin der Gesellschaft Sanctae Ursulae schenkte es am 5. August 1746 ihrer Base Maria Neyssen zugunsten deren mit Johann Peter Kelleter gezeugten sieben Kinder. Von diesen wurde das „Goldene Krutzgen“ am 6. April 1754 an Gabriel Joseph Scheins und seine Ehefrau Maria Sophia Welter für 2300 Reichstaler verkauft. Die Kinder Scheins veräußerten es dann am 27. Februar 1774 für 2100 Reichstaler an Martin Weißkirchen und Odilia Schell, der es am 8. Juli 1775 an Mathias Thissen und seine Gattin Anna Clara Niquet vermieten. Die Witwe Weißkirchen besaß es noch 1812.“
Im Mai 1802 gab es nahe Köpfchen am damaligen Grenzübergang einen Raubmord an einem Raerener Fuhrmann, der mit dem Erlös aus dem Verkauf von Gerberlohe auf dem Nachhauseweg war. Der Name des ermordeten Bürgers: Edmund Kever
Das vorstehende Mordkreuz in der Lütticherstraße, dessen Inschrift heute nicht mehr lesbar ist, wurde vermutlich von seinem ursprünglichen Standort in der Lütticherstraße im Zuge des Ausbaus dieser Straße oder bei Anlegung des alten jüdischen Friedhofs an den jetzigen Standort versetzt. Über die Umstände des Mordes ist nichts Näheres bekannt.
Die schöne Laura Klinkenberg fiel am 14.5. 1908 im Wald nahe eines heutigen Parkplatzes an der Monschauer Straße nach landläufiger Überlieferung einem Notzuchtverbrechen zum Opfer. Ihr Mörder gestand 22 Jahre später in einem niederländischen Gefängnis die Tat als Raubmord.
Ein kleiner Abschnitt des auf die Alte Vaalser Straße zurück gehenden Hohlweges im Bereich der Siedlung Steppenberg wurde im Zuge des Bebauungsplanes 688 erhalten und dort ein Spielplatz angelegt. Ein Wegekreuz, das an den tödlichen Unfall eines Fuhrmannes in der abschüssigen Strecke erinnert, wurde geborgen, restauriert und am Rande vom altem Hohlweg und nahe der neuen Straße wieder aufgestellt. Der 1783 geborene Fuhrmann Königs geriet am 10.3.1815 unter die Räder seines Karrens und wurde tödlich verletzt.
Nach Kriegsende wurden einige alte Bauernhöfe aus Laurensberg heraus in den Außenbereich hinein ausgesiedelt. Die Kinder spielten wie gewohnt in der direkten Umgebung ihres Elternhauses. Der 7jährige Sohn Peter der Familie Chorus an der Orsbacher Straße wurde dabei am 22. 6. 1955 Opfer eines Unfalles mit einem nach der Überlieferung angetrunkenen Autofahrer.
An der Wegegabelung am Ochsenstock verunglückte am 22.11. 2007 der am 9.1. 1944 geborene Manfred Peters, zu dessen Andenken dort das nachstehende Kreuz errichtet wurde.
Der Gutsbesitzer Edmund Feiter von Berger Hochkirchen stiftete aus Anlaß des mit seiner Frau Maria (geborene Koch) im Jahre 1881 gefeierten 30. Hochzeitstages das unter einer prächtigen Roßkastanie stehende neugotische Kreuz.
Die Marienstele am Lemierser Berg entstand 1778 aus vergleichbaren Motiven wie das Votivkreuz.
Die romanische Quirinus-Kapelle der ehemaligen Leproserie Melaten wurde seit dem frühen 19. Jh. kaum noch für Gottesdienste genutzt und verfiel zusehend. Man sah keine Notwendigkeit ihren Bestand zu retten, sondern brach sie 1895 ab. Nur noch Fundamentmauern erinnern an einen der wenigen romanischen Bauten, der es bis in die Neuzeit geschafft hatte. An der Stelle des alten Altars wurde ein Kreuz errichtet. Erst vor wenigen Jahren wurde zum Gedenken an die unter der jetzigen Rasenfläche bestatteten Aussätzigen (auch: Malate oder Melate oder Lepröse) ein schlichtes Holzkreuz gestiftet.
Während des I. Weltkrieges wurden russische Kriegsgefangene beim Bau einer in der Regie des deutschen Militärs gebauten neuen Eisenbahntrasse von Moresnet bis Tongern eingesetzt. Viele von ihnen sollen umgekommen sein, wobei nicht überliefert ist, ob sie etwa bei Unglücken starben oder beim Versuch der Überwindung des Elektrozaunes zwischen dem besetzten Belgien und den neutralen Niederlanden umkamen. Zu ihrem Gedenken wurde an einer Buche ein russisches Kreuz (d.h. mit zwei Querbalken) an einer Grenzbuche befestigt. Vor etwa 30 Jahren stand davon noch ein hohler Rest, in dem dieses Kreuz neu befestigt und durch ein hier übliches Holzkreuz mit Korpus geworden ist. Heute steht oberhalb von Vijlen an der B/NL-Grenze nur noch dieses Kreuz.
In den Wirren der letzten Tage vor der Kapitulation der Wehrmacht im eingeschlossenen Aachen am 23.10.1944 fielen am Nordosthang des Lousberges zwei junge Soldaten der Wehrmacht, deren Personendaten typisch für die gegen Ende des Krieges aufgestellten Volksgrenadierdivisionen sind. Z.B. setzte man Marine- und Luftwaffesoldaten, für deren Einsatz keine Schiffe und Flugzeuge mehr verfügbar waren, zusammen mit älteren eingezogenen Jahrgängen nach kurzer Ausbildung infanteristisch ein. Die beiden Gefallen wurden noch während der Kampfhandlungen bestattet. Ds Kreuz im alten Klosterpark wurde 30 Jahre später aufgestellt.
Die vorstehenden Kreuze zeigen beispielhaft verschiedene Anlässe, aus denen heraus unsere Vorfahren Kreuze im öffentlichen Raum errichtet haben.
Im praktischen Glauben der Menschen spielen die Kreuze heute nicht mehr dieselbe Bedeutung wie früher. Als Zeugnisse unserer Geschichte sind die meisten von ihnen auch schützenswerte Denkmäler. Dabei gibt es im Stadtgebiet Aachen bislang nur in einzelnen Stadtbezirken eine annähernd vollständige Erfassung der Kreuze. Gerade aus diesem Grunde widmen sich Arbeitskreise von Kultur- und Heimatvereinen der Erfassung, Erhaltung und Unterhaltung der Wegekreuze. Die förmliche Unterschutzstellung obliegt der Unteren Denkmalbehörde Aachen. Wenn ein Eigentümer oder Nachbar eines Kreuzes dieser Behörde Informationen zukommen lassen möchte, könnte das nach folgendem Schema tun.