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Durch Reichs- und Atscher Wald nach Stolberg - mit dem Fahrrad in die Städteregion

Die kreisfreie Stadt Aachen hat sich seit Oktober 2009 mit dem bisherigen Kreis Aachen zur Städteregion Aachen zusammen geschlossen.
Städteregion Aachen bei WIKI
Im ersten Jahr nach Gründung der Städteregion geht der Aachener Fahrradsommer in die Städteregion hinein nach Stolberg. Beide Städte liegen in Tälern mit steilen Rändern. Wer von Aachen nach Stolberg will – oder umgekehrt – muß also mindestens eine starke Steigung mit ca.50 m Höhenunterschied bewältigen. Die Strecke ist mit ca. 15 km Länge bis auf die große Steigung an der Kalhlgrachter Mühle, die man notfalls schiebend bewältigen kann, familientauglich. Die etwas kürzere Rückfahrt kann statt mit dem Rad auch mit der Euregiobahn erfolgen.

Aus die Stadt heraus geht es ähnlich wie bei der Wurmtalroute 2008.

Nach dem Start am Willy-Brandt-Platz halten wir uns in Richtung Synagogenplatz und Promenadenstraße. Nach Querung der Heinrichsallee geht es weiter über die Maxstraße, die Sigmundstraße, den Rhem- und den Blücherplatz bis hin zum Europaplatz.

Hier verlassen wir das innerstädtische Straßennetz und fahren entlang des Wurmradweges wie bei der Wurmtalroute 2008 bis zur Welschen Mühle in Haaren.
unser alter Beitrag zur Wurmtalroute

Vom Wurmtal aus hat man bereits eine freie Sicht auf den Haarberg mit dem Haarener Kreuz und der Friedenskapelle. Seit Menschengedenken steht auf dem höchsten Punkt des Haarberg ein weithin sichtbares Kreuz. Das im 19. Jh. errichtete Kreuz wurde im Kriegsgeschehen des Herbstes 1944 zerstört. Das jetzige Kreuz aus Stahl ersetzt das unmittelbar nach dem Krieg wieder errichtete provisorische Kreuz aus Holz. Nahe dabei steht die aufgrund eines Gelübdes im Krieges von einem Haarener Bürger gestiftete Friedenskapelle.

Von beiden Punkten aus bietet sich bei klarem Wetter die herrlichste Fernsicht. Die Haarbachtalstraße führt unter der das Tal überspannenden Autobahnbrücke hindurch zum Regenrückhaltebecken Haarbach. Über den den Haarbach begleitenden Wirtschaftsweg erreichen wir bei der Kahlgrachtmühle den Beginn des Anstiegs bis zum Türmchensweg in Verlautenheide (ca.50 m Höhenunterschied!).

Die Kahlgrachtmühle gehörte wie die meisten Mühlen im ehemaligen Aachener Reich zum sog. Schleidener Lehen.

Seit Anfang des 16. Jh. liegen Nachrichten über ihre Besitzer vor. Sie scheint anders als die meisten Aachener Mühlen bis zur Aufgabe des Mühlbetriebes am Ende des II. Weltkrieges durchgehend als Mahlmühle genutzt worden zu sein. Das Mühlrad ist nicht erhalten. Seit einigen Jahren betreibt im ehemaligen Mühlengebäude ein freier Träger der Jugendhilfe eine Jugendhilfeeinrichtung.
Oben in Verlautenheide angekommen geht es über die Waldstraße bis zur Neubausiedlung Quinx, wo wir über den Kelmesbergweg zur Verlautender Straße (L23) hinüber wechseln müssen, um unter der Autobahn hindurch Würselener Wald zu erreichen.
Im späten 18. Jh. war die Verhüttung der Zinkblende möglich gewordenen. Das Aufblühen der Stolberger Zinkindustrie und dadurch bedingt die säurehaltige Abluft führte jahrzehntelang zu zunehmenden Aufwuchsschäden in den den umliegenden Gemeinden gehörenden Wäldern. Die Bergwerksgesellschaften mußten hohe Entschädigungen zahlen, bis Hasenclever auf die Idee kam, die schädlichen Säuren aus den Rauchgasen heraus zu filtern und in der neu gegründeten Rhenania-Chemie zu nutzen.

Bis Mitte des 19. Jh. reichte das zusammenhängende Waldgebiet bis an Eschweiler, Stolberg und Verlautenheide heran.

Die Wälder waren in römischer Zeit gerodet, im Propsteier Wald hat man nahe des Stolberger Bahnhofes um 1880 eine Römervilla ausgegraben.

In der Gegend um Steinbachhochwald fand man um 1850 man den „Wüstenroder Leoparden“, den man anfangs für ein römisches Feldzeichen hielt. Nach neueren Erkenntnissen war er aber wohl ein Beschlagstück eines römischen Reisewagens.

Nördlich des Reichswaldes deuten immer wieder zu Tage tretende TEGULAE – Stückchen auf eine weitere im Boden steckende Römervilla hin.

Die Nutzung der Wälder im Mittelalter und in der frühen Neuzeit veranschaulicht eine hier im Ausschnitt wieder gegebenen Karte von 1569.

Geschichte des Reichs- und des Atscherwaldes

Der Haarener Hof entstand um 1870 auf Betreiben der ehemaligen Gemeinde Haaren als Miteigentümerin des Reichswaldes, der sich früher einmal bis in den jetzigen Ortskern von Verlautenheide ausdehnt hatte. Die Schäden, die wie zuvor geschildert im Atscher -, im Propsteier – und im Reichswald durch die ungefilterten sauren Abgase der Stolberger Zinkindustrie entstanden, nahm Haaren zum Anlaß bei der „Königlichen Regierung in Aachen“ die Genehmigung zur Rodung eines großen Teiles des Reichswaldes einzuholen. Mit dem Erlös finanzierte man in Haaren ein neues Rathaus, eine kleine Schule und ein Gefängnis.

Wir fahren nahe beim Forsthaus Schwarzenbruch und dem Waldlehrpfad in den Würselener Wald hinein. Die Trockenbuschschneise, an der ein Kreuz an den ungesühnten Mord der Anna Gertrud Mommertz am 30. April 1909 erinnert,

die beiden Mordfälle im Atscher Wald,0.5MB

erstreckt sich schnurgerade bis in den Propsteier Wald, wo sie kurz nach Querung eines stillgelegten Geleises in die Steinbachstraße einmündet. Wer hier Lust auf eine Pause oder eine Stärkung hat, kann einen kleinen Abstecher nach links zum malerisch gelegenen Gut Steinbachhochwald machen, wo man während der Sommersaison einkehren kann.
zu Steinbachs Hochwald

Hinter der aufgegebenen Bahntrasse kreuzt man bald unter einer Brücke die Hauptstrecke der Bahn von Aachen nach Köln.
Wir verlassen das Waldgebiet über die Steinbachstraße und treffen auf das Industriegebiet von Stolberg-Atsch. Die L 23, die für ca. hundert Meter noch den Namen Würselener Straße trägt, geht in die Eisenbahnstraße über. Die einmündenden Nebenstraßen sind nach Hasenclever und der Rhenania benannt und erinnern damit an erfolgreiche Pioniere der regionalen Industriegeschichte. Die Stolberger Industrie war im 19. Jh. insbesondere bei dem in den traditionsreichen Kupferhöfen erzeugten Messing und beim Zink führend in der europäischen NE-Metallverhüttung (NE = Nicht Eisen). Das kann man an den ausgestellten Objekten im Museum Zinkhütter Hof, dem Ziel unserer Fahrt, gut und anschaulich nachvollziehen.

Ein kurzes Stück nach der Kreuzung mit der Sebastianusstraße und der Rhenaniastraße zweigt direkt hinter der Brücke über die Inde nach rechts auf einer ehemaligen Kleinbahntrasse ein Radweg ab, dem wir bis zur Einmündung in die Buschstraße folgen. Ein Stück oberhalb der Buschmühle erreichen wir die Cockerillstraße (L221), in die wir links einbiegen um nach einem knappen Kilometer zum Areal des Zinkhütterhofes kommen.

Das Museum Zinkhütter Hof ist in frühindustriellen Zweckbauten an der Cockerillstraße untergebracht.

Um 1830 waren diese zunächst zu Zwecken der Glasproduktion errichtet worden. Neben den älteren Betriebsgebäuden, die von späteren Umbauten befreit wurden, befinden sich auf dem Werksgelände noch ehemalige Arbeiterwohnungen und das Direktionsgebäude. Aus der Geschichte der Glasproduktion seien die Firmennamen Cockerill und Saint Gobain erwähnt. 1904 erwarb dann die „Stolberger Zink“ das Fabrikgelände. Seit 1991 ist die Stadt Stolberg Eigentümerin, die die Anlagen als Archiv für die regionale Wirtschafts-, Industrie und Sozialgeschichte, als Industriemuseum und als Tagungs- und Kongresszentrum nutzt. Die Ausstellungskonzeption für die Räume in den ehemaligen Werkwohnungen ist besonders auf den Besuch von Familien und Schulklassen ausgerichtet. Das gewaltige Rad vor dem Museum entstammt dem Walzwerk der an der Cockerillstraße gegenüberliegenden ehemaligen Zinkhütte.

Zwei alte Stolberger Kupferöfen stehen im Berthold – Wolff – Park an der Rhenaniastraße in Stolberg-Atsch.

Erst um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jh. wurde entdeckt, daß das als Zinkblende (ZnS) oder Galmei (ZnCO3) vorkommende Zink ein Metall ist. Die Legierung mit Kupfer bezeichnete man bis dahin als Gelbkupfer, was in der niederländischen und französischen Sprache heute noch der Fall ist (gele koper; cuivre jaune). Angesichts der früheren Bedeutung der Stolberger Produktion von Messing sind die Kupferöfen heute, genauso wie die prächtigen Kupferhöfe und die Burg Wahrzeichen von Stolberg.

Auf diesem von der protestantischen Finkenbergkirche aus aufgenommenen Bild sieht man im Vordergrund vor der Stolberger Burg die alte katholische Burgkirche.

Der „normale“ Radfahrer ist froh über die Möglichkeit, sich vom Zinkhütter Hof aus am nahe gelegenen Mühlener Bahnhof mit der Euregiobahn schnell wieder nach Aachen zurück bringen zu lassen.
Demjenigen der sich einen ganzen Tag Zeit nimmt, sei empfohlen, entweder direkt zur Stolberger Burg zu fahren, wo in der Vorburg ein Museum mit einer reichhaltigen gewerbegeschichtlichen Ausstellung unter gebracht ist, die die Ausstellung im Zinkhütter Hof ideal ergänzt. Man kann aber auch von Norden her zunächst die gesamte Altstadt durchfahren, um noch die prächtigen Stolberger Kupferhöfe aus der frühen Neuzeit mit zu besuchen.

Für diejenigen, die auch jetzt noch lieber eine längere Strecke durch die Landschaft radeln möchten, ist auf der Karte eine alternative Strecke eingetragen. Sie bietet an einigen Stellen phantastische Ausblicke über das Aachener Talrund. Die schönsten Rundumblicke gibt es am Prunkweg oberhalb von Eilendorf (Gottesegen) und vom Haarener Kreuz.

Hier finden Sie eine detaillierte Streckenbeschreibung des Hin-

Streckenbeschreibung

und des Rückweges:

Rückweg per Rad

Die Zusammenfassung unserer Informationen durch Verweise und Links finden Sie unter:

Übersicht