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Bekennntnis und Verfassung

Auf dem Reichstag von 1530 gab eine Reihe der Reichsstände und der Reichsstädte an, dem neuen Glauben anzugehören, der in der Folge auch als Augsburgische Konfession bezeichnet wurde. Während andere Konfessionen neben den Altgläubigen (d.h. den Katholiken) und den Lutheranern übereinstimmend als Ketzer oder Sektierer behandelt wurde, bekamen die Reichsstände durch den Augsburger Religionsfrieden von 1555 das sog. IUS REFORMANDI, d.h. der Konfessionswechsel war ihnen zugestanden. Für die meisten Menschen – i.d.R. Bürger eines Fürstentums – galt der Grundsatz: CUIUS REGIO EIUS RELIGIO: Der Bürger mußte also dem Bekenntnis seines Landesherren folgen oder aber sein Land verlassen. Das IUS REFORMANDI wurde den Reichsstädten, die ja auch Mitglieder des Reichstages waren, allerdings bestritten. Aachen konnte dieses Recht jedenfalls im Ergebnis nicht mit Erfolg geltend machen. Die CAUSA Aachen, in der dieser Grundsatzstreit ausgetragen wurde, hatte schon bald nach dem Religionsfrieden ein erstes Vorspiel und wurde während der protestantischen Ratsherrschaft von 1580 bis 1598 mit großer Härte bis hin zum Vollzug der Reichsacht ausgefochten.

Kaiser Karl V. resignierte 1558 und zog sich in das Kloster Yuste zurück. Seine Lande teilte er auf seinen Sohn Philipp II. und seinen Bruder Ferdinand I. auf, der ihn schon als König im Heilig Römischen Reich unterstützte. Philipp krempelte die Verfassung der nun spanischen Niederlande gründlich um und stieß damit dem Adel, dessen Vorrechte empfindlich beschnitten wurde, vor den Kopf. Hinzu kam, daß der katholische Glaube unnachsichtig mit Hilfe der Inquisition durchgesetzt wurde. Viele Protestanten flohen, wobei für viele der Weg über Aachen führte. Einige blieben länger oder gar dauerhaft in Aachen. Soweit sie der wirtschaftlichen Entwicklung nützlich waren, erhielten viele von ihnen zum Ärger Philipps problemlos das Aachener Bürgerrecht. Ihre Bitten, auf Gestattung des Gottesdienstes in ihrer Sprache, blieben aber unerhört. Die Reformation fand nicht nur bei den Zugezogenen, sondern bei einer zunehmenden Zahl von Altbürgern Anklang. Auch sie wünschten nun einen evangelischen Predikanten und möglichst eine der alten Pfarrkirchen für ihren Gottesdienst.

Unter Führung von Adam von Zevel und Wilhelm Engelbrecht – beides ehemalige Aachener Bürgermeister – reichten schließlich etwa hundert namhafte Aachener Bürger am 10. April 1559 eine entsprechende Supplik (Bittschrift) bei Kaiser, Kurfürsten, Fürsten und den sonstigen Reichsständen ein. Auch diese blieb erfolglos. Adam von Zevel mußte schließlich sogar Aachen verlassen und sich auf seine Besitzung Steinhaus im jülicher Amt Wilhelmstein (Bardenberg) zurückziehen. 1560 schließlich war den Protestanten jegliche Teilhabe am öffentlichen Leben untersagt. Bei späteren Auseinandersetzungen verlangte die katholische Partei immer die Zurückführung auf den Status von 1560.

Offensichtlich wollte der Kaiser und die an der Aufrechterhaltung der alten Ordnung interessierten Reichsstände nicht riskieren, daß von protestantischer Seite maßgeblicher Einfluß auf die Krönungsstadt genommen werden konnte. Immerhin trat schon 1562 der erste Fall ein, bei der man auf die Loyalität der Stadt angewiesen war. König Ferdinand I. wollte, um die Herrschaft des Hauses Habsburges über seine Person hinaus zu sichern, 1562 seinen Sohn Maximilian (II.) als König krönen lassen. Die Wahl erfolgte ohne den wegen schwerer Krankheit entschuldigten Kölner Erzbischof am 9. November 1562. Schon vor der Wahl traf die Nachricht seines Todes am 2.11.1562 ein. Nach langer Diskussion verzichtet man darauf, die Neuwahl und Weihe eines Kölner Metropoliten, dem auch das Recht der Krönung in Aachen zustand, abzuwarten, sondern führte die Wahl und nun auch die Krönung unter formaler Anerkennung der Stellung Aachens als Krönungsstätte in Frankfurt durch. So wie bei allen Krönungen später überbrachten Vertreter des katholischen Rates brav die in Aachen aufbewahrten und hierfür benötigten Krönungsinsignien und Reichskleinodien. Wenn Aachen dauerhaft protestantisch geworden wäre, wäre das sicher schwieriger geworden.

Die Supplikanten beriefen sich 1559 wie auch in den späteren Auseinandersetzungen auf ihr seit Generationen bestehendes oder kraft Einbürgerung verliehenes Bürgerrecht in der Freien Reichsstadt Aachen, das unabhängig vom Glauben bestehe. Da die politische Teilhabe der Bürger an der Selbstverwaltung der Reichsstadt seit Jahrhunderten unabhängig von der Konfession ausgeübt werde, dürfe ihnen der Zugang zu den Gaffeln, zum Rat und zu den Ratsämtern nicht verwehrt werden. Die Stadt sei Mitglied des Reichstages, mithin Reichsstand, und habe damit das Recht der Mutation, d.h. der freien Wahl einer anderen Konfession bzw. der Zulassung auch der protestantischen Bürger zu den Wahlen. Moderne Verfassungsgeschichtler sehen in solchen verfassungspolitischen Argumenten erste Anfänge einer verfassungsrechtlichen Entwicklung hin zu den modernen Grund- und Freiheitsrechten, wenn deren Realisierung damals auch noch längst nicht historisch aktuell waren.

Leseabschrift der Bittschrift von 1559

Daneben spielt das Dokument (ev. Landeskirchenarchiv) auch in der Aachener Kirchengeschichte eine so gewichtige Rolle, daß es der evangelische Kirchenkreis anläßlich seines 175jährigen Bestehens ausstellte.

Die damals namhaften Familien bestehen z.T. noch heute, so daß das Dokument auch für Familienforscher relevant ist. Die Schreibweise der Namen hat sich dabei z.T. erheblich gewandelt.

I. Ratsverwandte Personen:

1. Adam von Tzeuell
2. Wilhelm Engelbrecht
3. Johann vom Hyrtz gnant Lantzkron
4. Karll gronendall
5. Franz von Endenn
6. Gyllis van den kammen
7. Hernmann bertolff
8. Johann Volann van der Cammen
9. Michiel lowen (lewen)
10. Wilhelm Pastoir
11. Adolf von Lintzenich
12. Baltasar von Lintzenich
13. Rudolf von Lintzenich
14. Johann Amya
15. Christoph van Stommel

16. Johand Ruland
17. Claess von Münster
18. Claess von Münster der jonge
19. Caspar tzegelynn
20. Egges von Herfelt
21. Willlelm Koch doechscherre
22. Claes von Ammel
23. Peter Noustat
24. Gerhard Pael
25. Peter tzulben der junge
26. Johann von Scheffen
27. Jacob Kuter
28. Johann thyllen
29. thys symon der junge.

II. Andere Bürger :

1. Peter von tzeuell
2. Jacop von Lintzenich
3. Servaes van colle (der iunste ?)
4. her wilhelm van blickenberch
5. Rynhard bormann
6. Claes amya
7. Peter ross steinmetz
8. Reiner t van Saes (Saels ?)
9. Phlieps Thyllen
10. gaspar claess
11. Walraef blanckart
12. Jacob Schorn
13. Symon van theynen
14. thys boutden
15. Heynrich fibis

16. Geryt Paunel
17. Efferart von Nutt
18. thys huss
19. clais hammer
20. gerlach Radermecher
21. Michyll klokker
22. Hynrych Eirs
23. peter laubach
24. peter beck der yonge
25. jan van dalen
26. Wylhelm van roumpen
27. Lenart fan fourendall
28. Willem Raeloff
29. thyss van collen

30. johann steymetzer
31. Pauls van den weyen
32. Bartholomaeus Proest
33. malebranche
34. Frans meys
35. Johann thonen
36. iohnnn coffin
37. Roloff cuper
38. ian van enden
39. lenart van enden
40. gilles gnonen
41. ian tidfrize
42. mathes von houssmann
43. picard moridt
44. Jacob van …
45. laurentz teschemacher
46. iohan Cauler

47. claess van Forst
48. thomas von der banck
49. Gerhard schorrer
50. Goddert Slicher
51. Thys neyssen v on dalhem
52. Anthon dolo menlaich
53. Johann kemmerling
54. johann Nykell
55. …….
56. Anthonius de veck
57. Johann puttens
58. Wyhelm wolff
59. Johann vom werdt
60. Gerard t Schoyrre kannegijsser
61. heynrich Joest
62. heynrich engel
63. klaes huss van lymburch.

zu unserer Seite über das endgültige Aus der öffentlichen protestantischen Bewegung in der Reichsstadt Aachen