Online-Beiträge
Alte Titulaturen
Wir bringen hier ein Beispiel aus der Barockzeit, die vielleicht einen Höhepunkt im Gebrauch der – im wahrsten Sinne – umständlichen und geschwollenen, höflichen Sprache darstellt:
Die Reinschrift:
„Vollständiger Grundriß Ganzen Gebiets des Kayserlich-Königlichen Stuhls und Freyen Reichs Stadt Aachen, welcher derselben Stadt Kirchen, Pforten, fließende Wässer, Straßen, Gassen und Thürn alleinig, des ganzen Reichs aber alle Dörffer, Häuser, all Wiesen und Ackerland stückweiß, alle Gewässer und Weyern, so dann alle Haupt- und Nebenweg, Feldweg, die mehreste Fußpatt, Heiden, Waldungen, Berg, Thälern, fort alle Grenz- und Markscheidungen, Freyheiten des Landbereitens nach Inhalt hiesigen Protocolli ganz deutlich aufs allergenauest unterscheidet und angezeiget, auf Beförderung der hoch – wohl- und wohlgebohrenen, gestrengen, vesten, hochweisen, und fürsichtigen Herrn Joseph Xavier von Richterich und Herrn Johann Lambert Kahr regierenden Bürgermeistern entworfen und ausgefertiget, so dann hochbemelten wie auch übrigen hochedelgebohrenen, hoch- und wohledelen, gestrengen, hochweisen, gelehrten und fürnehmen Rath 1772 unterthänigst übergeben von Stadt Aachischer Berg- und Bauinspector Henrich Copso“ (Tuschezeichnung Blattgröße 132,2×142, 5 cm, Stadtarchiv Aachen, Hu39, CleSt 76)
Die Bürgermeister waren demnach qua Amt „hochwohlgeboren, gestreng, fest, hochweise und fürsichtig“ und die Ratsherren – Frauen waren ja lange noch nicht aktiv- und passiv wahlberechtigt – „hochedelgeboren, wohledel, hochedel, gestreng, hochweise, gelehrt und vornehm“.
Höfliche, distanzierende Umgangsformen und das förmliche „Sie“ sind in Deutschland bis heute üblich geblieben. Der riesige englische Sprach- und Kulturbereich kennt nur die eine Form des „you“. In den Niederlanden ist das „jij“ im direkten Umgang bis in höchsten Kreisen üblich geworden. In offizieller oder gar diplomatischer Korrespondenz haben sich aber die üppigen Titulaturen der Barockzeit fast unverändert bis heute erhalten.
Heute noch übliche Titulaturen in der offiziellen, höflichen Korrespondenz in den Niederlanden, ins Deutsche übertragen