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Aachen der erste Zollbahnhof in der Eisenbahngeschichte
Seit der Erfindung und Verbreitung der Dampfmaschine gab es Bestrebungen, diese zunächst nur stationär genutzten Maschinen für den Antrieb von Fahrzeugen weiter zu entwickeln. Schnell kam man darauf, daß von Dampfmaschinen angetriebene Fahrzeuge vor allem wegen ihres Gewichtes am besten auf Schienen eingesetzt werden konnten. Am 6. Oktober 1829 traten auf einer Versuchsstrecke bei Liverpool (Rainhill) mehrere neu entwickelte Typen zu einem Wettbewerb an, bei dem es um die Fähigkeit ging , eine Last von ca. 20 Tonnen und einen mit 36 Personen besetzten Wagen über eine leicht steigende Strecke zu ziehen. Die “Rocket” von Stephenson schaffte mit der Last die Geschwindigkeit von 21,5 km/h und mit dem Personenwagen 46 km/h. Stephensons Lokomotive setzte sich beim Bau der ersten Eisenbahnlinien in England und auf dem Kontinent durch.
Die erste Strecke in England ist schon 1825 zwischen Stockton und Darlington gebaut worden. Die erste Bahnlinie wurde am 18.9.1830 auf der Strecke Manchester – Liverpool eröffnet (etwa 40 km). 1835 folgte die Strecken Mechelen-Brüssel und Nürnberg -Fürth, 1837 die Strecken Paris-St.Germain, Florisdorf-Wagram und Leipzig-Dresden, 1838 Petersburg-Zarskoje Selo und Berlin-Potsdam, 1839 folgten Amsterdam-Haarlem und Neapel-Portici.
Ludwig Benjamin Henz (1798- 1860) war zunächst Wasserbauer. Seit einer Studienreise durch England im Jahre 1830 widmete er sich auch Eisenbahnbau – Projekten. 1835 legte Henz die „Denkschrift zur Begründung des Projectes der Erbauung einer Eisenbahn zwischen Cöln und Eupen als deutsche Hälfte der Bahn von Cöln nach Antwerpen“ vor (s.a. weiter unten den Link auf digitalisierte Denkschriften).
Auf diese Denkschrift nimmt der nachfolgende Bericht im „Rheinischen Quodlibet“ von 1839, der beim Werbrunn-Verlag in Düsseldorf erschien, Bezug.
1839 sind wir schon mitten in den Verhandlungen und Plänen für eine durchgehende Linie Antwerpen-Köln, der ersten grenzüberschreitenden, internationalen Eisenbahn. Auftrieb bekamen diese Pläne durch die 1830er Sezession Belgiens von den Niederlanden, die anzuerkennen sich der niederländische König Wilhelm I. bis zum Vertrag von London(1839) weigerte. Das aufstrebende Antwerpen verlor die Verbindung zum Rhein, die durch einen “Eisernen Rhein” ersetzt werden sollte. Auch für die rheinischen Industrie- und Handelsunternehmen verringerten sich durch eine solche Verbindung Zölle, Gebühren und Kosten. Das nachfolgende Faksimile des Jahres 1839 spiegelt diese Entwicklung und die Trassendiskussionen wieder.


Aachen und Düren verdankten wohl vor allem Hansemann, daß die längste Streck über Düren und Aachen gewählt wurde. Einige der damaligen Denkschriften sind inzwischen auch als Dokumente über WIKI-Source abrufbar.
Die digitalisierten Denkschriften Hansemanns
Umfangreiche Sammlung digitalisierter Denkschriften
1843 wurde die Strecke eröffnet. Der Rheinische Bahnhof in Aachen wurde damit – natürlich neben dem Grenzbahnhof auf belgischer Seite – der erste Zoll- und Grenzbahnhof der Welt. Alte Ansichten der Bahnhöfe in Köln und Aachen (Rheinischer Bahnhof):
Um von Rothe Erde aus die Höhe des Rheinischen Bahnhofs zu erreichen wurde ein für damaligen Zeiten spektakuläres Viadukt gebaut:
Aachener und Maastrichter Unternehmer standen schon seit 1835 für eine Strecke Aachen-Maastricht in Verbindung. Erst nach dem Rücktritt Wilhelm I. konnte man es 1841 wagen, eine Konzession zu beantragen, die dann 1846 erteilt wurde. Die Strecke konnte 1853 eröffnet werden, so daß Aachen Verkehrsknotenpunkt für zwei internationale Linien wurde. In Brüssel bestand spätestens um 1850 schon die Möglichkeit, mit dem Zug nach Paris weiter zu reisen. 1859 wurde die Verlängerung der Linie über Maastricht nach Hasselt und 1861 die Strecke Maastricht-Lüttich eröffnet Die Strecke nach Hasselt wurde 1865 bis nach Antwerpen weitergeführt, so daß eine zweite, kürzere Strecke an die belgische Küste zur Verfügung stand .
Natürlich ging die Entwicklung überall in Europa mit stürmischen Schritten voran. 1851 bestanden u.a. folgende Verbindungen (in Klammern die Fahrzeiten in Stunden): von Hannover über Köln, Aachen, Lüttich und Brüssel nach Ostende (26h), von Leipzig nach Eisenach (5:30h), von Berlin nach Posen (11h), von Dresden nach Breslau (9h), von Breslau nach Hamburg (23h), von Altona nach Rendsburg (3h), von Braunschweig nach Harburg (6:20h), von Nürnberg nach München (7:30), von Augsburg nach Kaufbeuren (2h), von Frankfurt nach Karlsruhe (5:15h), von Karlsruhe nach Freiburg (5h), von Freiburg nach Straßburg (3:15h), von Brüssel nach Paris (11h), von Amsterdam nach Arnheim (3h), von Düsseldorf nach Hamm (4:30h), von Wien bis Krakau (23h), von Wien bis Hamburg (43h), von Wien bis Berlin (34h), von Wien bis Triest (40h) von Wien bis Prag (14:45h), von Prag nach Brünn (9:30h), von Paris bis Le Havre (6:30h), von Paris bis Lille (9:15h),von Paris bis Tours (6:15h), von London bis Brighton (o.A.), von London bis Colchester(o.A.), von London bis Cambridge (o.A.).
Das Schienennetz wurde stürmisch ausgebaut (Länge des Streckennetzes in km siehe nachfolgende Tabelle).
Literatur-Hinweise:
G. Hauser, Post- und Eisenbahn – Reisekarte , Verlag, Serz & Cie Nürnberg1851
Ludwig Benjamin Henz, Denkschrift zur Begründung des Projectes der Erbauung einer Eisenbahn zwischen Cöln und Eupen als deutsche Hälfte der Bahn von Cöln nach Antwerpen, Braunschweig 1989 (Repr. der Ausgabe von 1835 )
A.H. Jenniskens, Het Spoor – hondertvijvitig Spoorweggeschiedenis Maastricht, Maastricht 1885
Peter Kirchberg et al., Transport und Verkehr – Die große illustrierte Geschichte des Verkehrs,, Prag – Erlangen 1988
Wolfgang König/Wolfhard Weber (Hrsg.), Propyläen Technikgeschichte , Bd. 4,1840 – 1914, Berlin 1990
Lutz-Henning M;eyer, 150 Jahre Eisenbahnen im Rheinland, Köln 1989
N.N., Malerische Beschreibung der Eisenbahn zwischen Köln und Aachen und der von ihr durchschnittenen Gegend, deren Sagen und geschichtlichen Erinnerungen und einem Führer durch Aachen und Köln und einer Spezialkarte des Schienenweges, Köln 1841 (Repr. Stadtoldendorf 1919)
Rolf Sonnemann (Hrsg.), Geschichte der Technik, Leipzig 1978