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Aktuelles


Dr. phil. Thomas R. Kraus starb überraschend im Anschluß an unsere Mitgliederversammlung 2019.

Unser langjähriger Vorsitzender Dr. Kraus starb am 12. April 2019 überraschend und allzu früh nach einem erfüllten, wissenschaftlich außerordentlich fruchtbaren Leben.

Am 7. Januar 1949 wurde er als Sohn einer am Kriegsende geflüchteten Familie in Recklinghausen geboren. Nach dem Abitur leistete er seinen Wehrdienst ab und nahm zunächst mit dem Ziel einer Schullaufbahn das Studium u.a. der Geschichte auf. Seine Lehrer überzeugten und motivierten ihn dann doch zu promovieren mit dem Thema ; „Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225“. Nach Abschluß des Examens für die höhere Archivlaufbahn an der Archivschule Marburg nahm er 1979 seine Tätigkeit als Archivrat beim Stadtarchiv Aachen auf. 1997 übernahm er als Archivdirektor dessen Leitung, 2014 trat er in den Ruhestand. Er leitete den Umzug sowie die technische und organisatorische Modernisierung des Stadtarchivs, das trotz der Auslagerung einzelner Bestände nur noch unzureichende Arbeitsmöglichkeiten in dem seit dem 19. Jh. bestehenden Domizil im Grashaus am Fischmarkt bot.

Zu Beginn seiner Tätigkeit bereitete er die Dokumentation Walther Kaemmerers mit Aachener Quellentexten für die Drucklegung als ersten Band der „Veröffentlichungen des Stadtarchivs Aachen“ (blaue Reihe) auf. In dieser Reihe erschienen dann sowohl eine kleine Quellenedition zur Alltagsgeschichte der Aachener Barockzeit (Hausbuch der Cäcilie Dautzenberg) wie das Werk „Aachen, Jülich und das Reich“, in dem er – anschaulich und ohne belehrend erhobenen Zeigefinger – viele falsche geschichtliche Überlieferungen Aachens (z.B. Sage vom wehrhaften Schmied) auf den wahren Kern zurück führte und Aachens Geschichte in den Kontext des regionalen Geschehens und der Reichsgeschichte stellte.

Für das Stadtarchiv kuratierte er Ausstellungen zum Großen Aachener Stadtbrand von 1656, zum Aachener Frieden von 1748 und zur Aachener Franzosenzeit, wozu aus seiner Feder an der Bedeutung des Themas gemessene Kataloge erschienen. Seinen Beitrag zu dem von seinem Vorgänger heraus gegebenen Band „Laurensberg in seiner Geschichte“ über das Mittelalter frischte er im letzten Jahr nochmals in einem Vortrag auf, von dessen gedruckter Fassung noch ausreichend Exemplare vorliegen.

Die lange Reihe seiner in wissenschaftlichen Zeitschriften – darunter der unseres Vereins – erschienenen Beiträge kann hier und jetzt noch nicht aufgeführt werden.

Die Veröffentlichung von Quellen zur Aachener Geschichte blieb seine ständige Aufgabe im Stadtarchiv. So führte Kraus die von Wisplinghoff (bis 1100), Meuthen (1100 – 1250) und Mummenhoff (1251-1350) publizierten Urkunden und Regesten mit fünf weiteren Regestenbänden planmäßig weiter bis zum Jahr 1400. Das von ihm vollendete Projekt der Herausgabe dieser Quellen war eines der Ziele unseres Vereins schon bei der Gründung im Jahre 1879. An die bereits von Laurent edierten Stadtrechnungen des 14. Jh. schloß er die Stadtrechnungen des 15. Jh. an. Damit hat er im Vergleich zu anderen Autoren (nicht nur) quantitativ die meisten Quellen der Aachener Geschichte für die Forschung erschlossen. Alle zeichnen sich durch einen vorzüglichen Index aus, der den Nutzern den Zugang zum Stoff erheblich erleichtert.

Diesen Service bieten auch die von ihm betreuten und bearbeiteten Bände der auf sieben Bände angelegten Aachener Stadtgeschichte, von denen er jüngst den 5. Band im Centre Charlemagne der Öffentlichkeit übergeben konnte. Er hat als Historiker schon lange auf die Notwendigkeit einer neuen wissenschaftlichen Stadtgeschichte hingewiesen und hat es verstanden, derartige Ideen aus dem Aachener Vereins- und Kulturbetrieb so aufzugreifen und zu bündeln, dass das Werk nicht nur auf den Weg gebracht wurde, sondern dank seines aktiven Beitrages inzwischen weit fort geschritten ist:

Beihefte Bd. 7. Kraus, Thomas R. (Hrsg.), Aachen von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 1, Die natürlichen Grundlagen; Aachens Geschichte von den Anfängen bis zu den Karolingern

Beihefte Bd. 8. Kraus, Thomas R. (Hrsg.), Aachen von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 2, Vom Beginn der Karolingerzeit bis zu den Staufern (1137)

Beihefte Bd. 9. Kraus, Thomas R. (Hrsg.und Bearb.), Aachen von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 3.1, Entstehung der Reichsstadt und ihre Geschichte bis zum Ende des 15. Jahrhunderts

Beihefte Bd. 10. Kraus, Thomas R. (Hrsg. und Bearb.), Aachen von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 3.2, Lebensbereiche der Bürger 1138-150 (z.B. Verwaltung, Wirtschaft, kirchliches Leben, Wallfahrt)

Beihefte Bd. 12. Kraus, Thomas R. (MitHrsg. und Bearb.), Aachener Stadtgeschichte Bd. 5: Von der Reichsstadt zur „bonne ville“. Aachen zur Zeit der Französischen Republik und unter Kaiser Napoleon I. (1792-1814)., herausgegeben von Archivdirektor i.R. Dr. phil. Thomas R. Kraus und Prof. Dr. phil. Frank Pohle .

Im Nordrheinischen Klosterbuch (Manfred Groten, Georg Mölich, Gisela Muschiol, Joachim Oepen (Herausgeber), Wolfgang Rosen (wissenschaftliche Redaktion), Lexikon der Stifte und Klöster bis 1815, Teil 1 – Aachen bis Düren, Band 37 der Reihe „Studien zur Kölner Kirchengeschichte“, Siegburg 2009) bearbeitete Dr. Kraus die Alexianer und die Augustinereremiten.

Natürlich hat Dr. Kraus auch reichsgeschichtliche Quellen ediert. Als Beispiel erwähnt seien die:
Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493), Heft 7: Die Urkunden und Briefe aus den Archiven und Bibliotheken des Regierungsbezirks Köln, bearbeitet von Thomas R. Kraus. (450 S.), Wien, Köln, Graz 1990.

Auf der Seite der Regesta Imperii werden einige seiner Werke angezeigt:

Zur Regesta Imperii

Bei der Bewertung der Rolle unseres Vereins und des Stadtarchivs in der NS – Zeit war er der erste, der auch kritische Quellen in die Hand nahm und ohne beschönigende Selbstrechtfertigung dazu beitrug, dass die Ehrung seines damaligen Vorgängers mit einem Straßennamen revidiert wurde.

Dr. Kraus war 20 Jahre der Vorsitzende unseres Vereins und Mitherausgeber unserer Zeitschrift und der sonstigen Publikationen. Es liegt angesichts der hier vereinzelt heraus gegriffenen Punkte seines umfassenden Lebenswerks auf der Hand, dass er uns als Verein und der Aachener Geschichtsforschung schmerzlich fehlen wird. Der Verein schuldet ihm für seine aktive Teilnahme am Vereinsleben von Beginn seiner Zeit in Aachen an und für seine ehrenamtliche Tätigkeit über zwei Jahrzehnte in leitender Funktion unendlichen Dank.

Wir werden ihm im nächsten Band unserer Zeitschrift einen ausführlicheren, ehrenden Nachruf widmen.

Beileidsbekundungen leiten wir gerne an seine Familie weiter. Die Bestattung hat am 25. April 2019 auf dem Aachener Westfriedhof, Vaalserstraße stattgefunden. Die Familie hat auf der Traueranzeige folgende Bitte getan:

Im Sinne des Verstorbenen wäre eine Spende an den Geschichtsverein, dessen Vorsitzender er bis vor wenigen Jahren war, willkommen (Konto-Nr. bei der Sparkasse Aachen:
IBAN: DE25 3905 0000 0001 0232 90
Stichwort: Dr. Thomas Kraus)