Aktuelles
Brauchen wir neue EU-Vorschriften gegen den Mißbrauch von Daten?
Wie französische Historiker und Archivare zuerst bemerkten, plant die Europäische Kommission den Erlaß von Datenschutzvorschriften, wonach alle erhobenen und gespeicherten Daten unabhängig davon, ob sie von staatlichen und kommunalen Verwaltungen im Rahmen der Wahrung ihrer Aufgaben oder bei den primär eigenen Geschäftsinteressen verpflichteten Gewerbebetrieben entstanden sind, nach der erfolgten bestimmungsgemäßen Verwendung zu löschen sind.
Mitteilung auf der Internetseite der Association des Archivistes Francais
Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA) schlägt wie die Association des Archivistes Francais (AAF) vor, gegen dieses Vorhaben mit einer Online-Petition bei der Europäische Kommission zu protestieren. Wie man der Website der AAF entnehmen kann, haben sich neben dem deutschen Berufsverband der Archivare auch die griechischen, italienischen, polnischen und norwegischen Berufsverbände angeschlossen. Der AAF gibt übrigens auf seiner Seite die Fundstellen der geplanten neuen Datenschutzrichtlinie an.
Mitteilung auf Internetseite des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.
Download der ins Deutsche übersetzten Pressemitteilung der AAF mit dem Aufruf zu Petitionen
Rundschreiben des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.
Der Datenschutz soll durch ein angebliches „Recht auf Vergessen“ geschützt werden. Das geht weit über das bisherige Verständnis des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung hinaus.
Wir meinen, daß die Europäische Kommission nicht „das Kind mit dem Bade ausschütten“ darf.
Hat die Europäische Kommission überhaupt bedacht, daß die Mitgliedstaaten zumeist ausreichende Datenschutzvorschriften erlassen haben? Nach dem sog. Subsidiaritätsprinzip bestände für die Europäische Kommission dann eigentlich kein Handlungsspielraum mehr. Das deutsche Datenschutzrecht z.B. kennt einen strengen Datenschutz, der bußgeld- und in schweren Fällen sogar strafbewehrt ist. Die Archivare weisen zu Recht darauf hin, daß sie jetzt schon überaus sorgsam auf die Wahrung geschützter Daten achten, ja achten müssen.
Das Ziel, den großen Internet-Unternehmen den Mißbrauch der privaten Daten ihrer millionenfachen Nutzer zu verwehren, kann und muß in einer Form geschehen, die den gesetzlichen Auftrag der Archive künftig nicht unmöglich macht.
Seit jeher baut die Geschichtsforschung auf den erhaltenen Quellen der verschiedenen Zeitstellungen auf. Wo die Quellen schweigen, kann die geschichtliche Darstellung keine klaren Konturen zeichnen. Durch das Sammeln und Erschließen von Akten und sonstigem Archivgut werden die Archive zum geschichtlichen Gedächtnis der Menschheit. Es ist absurd, in Zeiten eines modernen Archivwesens, das verantwortungsvoll für die Beachtung der berechtigten Interessen der Betroffenen am Schutz ihrer personenbezogener Daten sorgt, alles potentielle Archivmaterial einfach zu vernichten – und zwar ungeprüft und ungeachtet bezüglich deren Archivwürdigkeit.
Der Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine hat dazu aufgerufen, diese Aktion zu unterstützen. Diesem Aufruf schließen wir uns hiermit gerne an.
Der Gesamtverein verbindet seinen Aufruf mit dem Aufruf gegen den Planungsstopp für eine neues Historisches Archiv der Stadt Köln.
Download des Aufrufs des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine
Die vom französischen Archivarverband initiierte Online-Petition hat derzeit schon deutlich über 44.000 Unterzeichner aus ganz Europa. Es werden aber mindestens 50.000 Unterzeichner insgesamt benötigt. Der Weg zur Zeichnung der Onlinepetition ist in englischer Sprache über den oben im zuerst genannten Link nachzulesen.